Silberne Kugel aus Arafats Blog liegt zwischen grünen Blättern und Gräsern
Arafat denkt nach

Die Meinung der anderen

Immer wieder kann ich unterschiedlichen Menschen bei ihren Gesprächen zuhören. Sie sitzen im Garten, laufen gemeinsam an unserer Straße entlang oder kommen zu Besuch.

Die Themen der Menschen sind sehr unterschiedlich. Besonders gerne unterhalten sie sich über das Wetter. Sie reden oft auch über Politik. Das scheint ein recht schwieriges Thema zu sein. Manchmal geht es aber auch um Nachbarn oder Bekannte, zu denen ganz interessante Meinungen geäußert werden. Sport ist auch sehr hoch im Kurs! Vor allem Fußball! Das ist ein Spiel, welches so ähnlich sein muss wie Mäuse fangen. Oder sie reden über Dinge, die ich nicht verstehe.

Zwischendurch kann es auch mal vorkommen, dass plötzlich unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen. Und dann wird es wirklich spannend!

Manchmal gibt es dabei nur einen eher unspektakulären Gedankenaustausch, der mit einer Form des „aha“, „kann natürlich auch sein“ oder „ach so“ oder einfach nur wortlos endet und im weiteren Gespräch emotionslos untergeht. Es gibt aber auch Momente, da prallen zwei oder mehr Meinungen aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Und genau dann ist es soweit! Ich suche mir immer schnellstmöglich einen gemütlichen Platz, nehme eine entspannte Haltung ein und höre zu.

Es lässt sich immer schnell erkennen, dass jeder der Menschen ziemlich oft recht überzeugt von seiner Meinung ist. Und ebenso schnell bauen sich erste Fronten auf, deren Schutzwälle sehr verschieden sein können. Manche sind durchlässig, andere hingegen wie ein unüberwindbares Bollwerk. Es gibt wackelige und instabile Wälle ebenso wie solche, die immer größer und breiter werden. Dazu kommt dann die Angriffs- und Verteidigungsstrategie. Die Varianten reichen von Offensiv und Bedacht über Unkoordiniert und Sprunghaft bis hin zu Kopflos und Impulsiv. Allen gemeinsam ist dabei eine gewisse Spannung, die im Mittelpunkt steht und jede dieser Strategien beeinflusst.

Voller Leidenschaft zogen sie siegessicher in den Kampf

Oft versuchen alle Beteiligten, mit mehr oder weniger sachlichen Argumenten die andere Seite zu überzeugen. Dabei scheint jeder ein gewisses Wissenskontingent zu haben. Daraus schöpft er oder sie die entsprechenden Worte für die persönliche Meinungsdarstellung. Dabei gewinne ich hin und wieder mal den Eindruck, dass der eine oder andere Mensch zwar hofft, den anderen überzeugen zu können, sein Wissen aber schnell erschöpft ist und in diesem Moment die Gespräche mitunter einen Verlauf annehmen, der mit dem eigentlichen Thema nicht mehr viel zu tun hat. Schlimmstenfalls endet ein solches Gespräch mit lautstarken und eher uncharmanten Worten und hochroten Köpfen.

Ich frage mich, ob der eine oder andere Mensch vielleicht über ein Thema zwar ganz genau Bescheid weiß und es einfach nur nicht so richtig erklären kann. Oder ist es vielleicht so, dass der eine oder andere sein Wissen sogar überschätzt? Vielleicht kann der eine oder andere Mensch einfach nicht erkennen, dass er zu wenig weiß. Kann ja sein. Oder es ist eine Mischung aus alledem.

Eins ist jedenfalls für mich sicher! Keiner dieser Menschen hat eine wirklich objektive Sicht.

Wie kann ich so etwas behaupten? Na ja, stell dir einfach mal zwei Menschen vor, die ein Konzert besucht haben. Diese beiden Menschen fragst du anschließend unabhängig voneinander, wie es war. Und sie sollen ihre Darstellung ganz objektiv und sachlich machen. Du kannst dir sicher denken, wie das ausgehen wird.

Was denn, das Beispiel war dir zu abstrakt oder zu subjektiv, weil messbare „harte Fakten“ fehlen? Ok, ich versuche es anders. Stell dir jetzt mal zwei weitere Menschen vor, die in einem Auto konstant 130 km/h auf der Autobahn fahren. Nach dieser Fahrt fragst du auch diese beiden Leute, wie es war. Auch hier kommen mit hoher Sicherheit unterschiedliche Antworten.

Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.

– Ben Gurion

Und keiner der Menschen würde seine Aussage in Frage stellen. Denn jeder der Befragten glaubt, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist.

Schlaue Leute haben diese verrückten Sache sogar einen Namen gegeben. Sie nennen es den naiven Realismus. Und niemand kann diesem Phänomen entkommen!

Leider passiert so etwas nicht nur bei solch harmlosen Dingen wie die gerade beschriebenen. Nein, exakt dieser Effekt tritt auch bei schlimmeren Dingen auf, die zu handfesten Streitigkeiten oder vielleicht sogar zu Kriegen mit vielen Toten und Verletzen führen. Beide Seiten sind dabei der Überzeugung, im Recht zu sein, weil ihre persönliche Ansicht das so sagt. Die Gründe dafür sind vielfältig und sehr kompliziert. Aber wer hat nun wirklich recht? Ich würde von außen betrachtet sagen, eigentlich niemand. Und ich merke gerade, wie abstrakt dieser Begriff plötzlich wird. Mindestens genau so abstrakt wie die Unterscheidung zwischen richtig oder falsch.

Besonders anschaulich kann man diesen Effekt auch in politischen Talk-Shows beobachten. Mehrere Menschen treffen dort aufeinander, reden oder streiten über ein bestimmtes Thema, hin und wieder muss ein Moderator die Leute zur Ordnung rufen und an das Thema erinnern und anschließend gehen alle wieder auseinander und keiner hat offenkundig seine Meinung geändert.

Ich frage mich manchmal, wo der Sinn dieser Shows liegt, wenn sowieso augenscheinlich nie jemand ernsthaft daran interessiert ist, seine persönliche Meinung zu hinterfragen, sondern nur zeigen will, wie stark er oder sie ist. Ich habe dort noch nie einen Satz gehört wie „Oh! Gut, dass Du mir das so sagst! Ich muss sofort meine Meinung überdenken und vielleicht sogar ändern!“.

Ist das die hohe Kunst des Miteinanders?

Es gibt Menschen, die sich noch viel mehr Gedanken über diese Eigenschaften gemacht haben. Sogar ziemlich schlaue Leute, die nichts anderes am Tag machen als genau darüber nachzudenken. Und deswegen könnte man noch lange und viel darüber schreiben.

Die wirklich entscheidende Frage ist aber doch, was wir mit dieser Erkenntnis nun machen!

Gold in den Köpfen aller Menschen auf der Welt

Ich hätte da einen Vorschlag. Es wäre doch schön, wenn wir unsere eigenen Meinungen zwischendurch immer mal wieder überprüfen würden. Einfach mal so. Denn sie sollte zwar gefestigt, aber nicht in Stein gemeißelt sein.

Dabei sollten wir vielleicht eine kleine Regel im Hinterkopf behalten. Wie bereits erwähnt ist das mit dem Richtig und dem Falsch ja so eine Sache. Aber ich habe mal von einer wirklich schlauen Dame gehört, dass es auf der Welt eine „Goldene Regel“ in der Ethik gibt. Die ist ganz einfach und verdammt logisch. Und irgendwie kennt sie eigentlich schon jeder. Sie lautet sinngemäß „Behandle andere so, wie du von ihnen gerne behandelt werden willst.“.

Die unweigerliche und wirklich wichtige Frage ist, wieso nennt sich das „Goldene Regel“? Tja, irgendwann wurde mal herausgefunden, dass es quasi keine Kultur auf der Welt gab und gibt, die diese Regel nicht in irgendeiner mehr oder weniger vergleichbaren Form in ihren ethischen und moralischen Grundsätzen integriert hat.

Nun zurück zu dieser kleinen Regel und dem Hinterkopf. Ich sehe das so: Wenn diese „Goldene Regel“ anscheinend so wichtig für nahezu alle menschlichen Gemeinschaften dieser Welt ist, dann sollte sie vielleicht prinzipiell einfach als allgemeine Grundlage dienen. Also als eine Art neutrale Ebene. Und man sollte sie entsprechend so oft wie möglich in die persönlichen Überlegungen einbinden. Wahrscheinlich ist das sowieso der Hintergrund dieser Regel. Man muss sich halt nur immer wieder mal daran erinnern!

Gleichzeitig wäre es doch toll, wenn man anderen nicht nur zuhören würde mit dem Ziel, mit möglichst gezielten Gegenargumenten dessen Meinung zu zerlegen, sondern auch oder eher zur Erweiterung des eigenen Horizonts. Aber da greift diese Regel auch schon direkt. Denn du möchstest ja, dass der andere dir zuhört. Und du möchtest, dass dich der andere versteht. Also behandle ihn einfach so, wie du in dem Moment behandelt werden willst. Ist eigentlich ganz easy, oder?

Reibung erzeugt Wärme, aber auch Verlustenergie

Es gibt übrigens noch einen weiteren Punkt, der mir bei meinen Beobachtungen aufgefallen ist. Ich habe festgestellt, dass Streitgespräche zum Alltag wohl dazugehören bzw. manchmal nicht mehr vermeidbar sind. Das ist wohl so. Wenn nun plötzlich so ein Gespräch aufkommt, wäre es dann nicht ganz klug, sich dabei immer die Frage zu stellen, ob das erhoffte Ergebnis die Energie wert ist, die man in die Diskussion und die Verteidigung der eigenen Meinung investiert? Vielleicht ist es hin und wieder auch ganz schlau, sich zu bremsen und nicht schlimmstenfalls irgendwann kopflos zu argumentieren wie ein bockiges Kind, dass seinen Willen nicht bekommt. Von außen betrachtet wirkt das immer etwas seltsam. Manchmal könnten Sprechpausen sicherlich helfen oder die Frage, ob man über die gestellte Frage oder den genannten Sachverhalt kurz oder etwa länger mal nachdenken darf.

Du muss deine Meinung ja nicht immer direkt ändern. Nein, darum geht es nicht. Und es ist natürlich auch wichtig, zu seiner Meinung zu stehen, wenn man davon wirklich überzeugt ist. Es geht einzig und allein darum, deine Meinung immer wieder mal zu überprüfen, indem Du in Ruhe und mit Bedacht darüber nachdenkst, ob sich durch deine neuen Erkenntnisse dein bisheriges Bild entweder bestätigt oder aber vielleicht etwas verändert hat.

Natürlich spielen auch Emotionen dabei eine wesentliche Rolle. Oft musst du zwischen Herz und Kopf entscheiden. Aber wenn du dir die Zeit gibst, können Meinungen und auch Entscheidungen reifen. Also nimm sie dir und sei so besonnen wie möglich.

Niemand ist perfekt! Und ich weiß genau, wovon ich da rede! Aber jeder kann versuchen, das beste für sich und alle anderen herauszufiltern. Es gibt genug Freiheit auf dieser Welt für alle Menschen. Und es gibt noch viel mehr Freiheit in den Köpfen dieser Menschen. Und wenn du dich vielleicht hin und wieder mal fragt, warum dein Gegenüber anderer Meinung ist als du, dann versuch doch einfach mal, dich in seine Sichtweise zu versetzen. Halt inne und überlege, ob diese Ansicht nicht vielleicht auch vertretbar ist und du sogar etwas Positives darin finden kannst. Manche Dinge entdeckt man ja erst auf dem zweiten oder dritten Moment.

Zumindest ist das meine jetzige Meinung!

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