Busch mit roten Blättern zwischen Bäumen mit grünen Blättern an einem Weg
Arafat denkt nach

Ungefähr richtig ist nicht ganz falsch

Die Frage, was richtig und was falsch ist, spielt im Leben der Menschen eine zentrale Rolle. Das macht auch Sinn, denn ich finde ja auch richtig, immer dann vor die Tür und somit in die Freiheit gehen zu dürfen, wenn ich das will. Alles andere wäre falsch und nicht im Sinne einer Katze. Ich schätze, Menschen denken über diese Form der Freiheit ganz ähnlich.

Aber Moment mal! Woher weiß ich eigentlich, dass dies auch wirklich richtig ist? Und was ist das eigentlich, dieses Richtig und dieses Falsch?

Wenn ich den Menschen so zuhöre, scheinen sich viele in dieser Frage ziemlich sicher zu sein. Oft fallen Sätze, die mit den Worten „Es kann nicht richtig sein, dass …“ oder „Ich finde es richtig, wenn …“ oder auch „Völlig falsch ist …“ anfangen. Diese Liste lässt sich beliebig und mit vielen Abwandlungen verlängern. Aber was macht die Menschen eigentlich immer so sicher? Oder zumindest ziemlich sicher!

Ich finde, die Frage nach dem Richtig oder dem Falsch ist im Grunde nur eine relative Momentaufnahme. So habe ich beispielsweise mal bei einem Gespräch zweier Menschen erfahren, dass manche Frauen und Männer, die sich mit Kräutern und deren Wirkungen im positiven und auch im negativen Sinne auskannten und vielleicht noch ein paar weitere „verdächtige“ Kenntnisse hatten, im europäischen Mittelalter und der frühen Neuzeit vermehrt damit rechnen mussten, schlimmstenfalls auf einem Scheiterhaufen verbrannt oder auf andere unschöne Art hingerichtet zu werden. Ganz offiziell und im Sinne der Gesellschaft!

Der Teufel könnte langsam mal in Rente gehen

Oft wurden sie von Leuten beschuldigt, Böses im Schilde zu führen. Man munkelte sogar, sie seien mit dem Teufel im Bunde. Und nach diversen Folterungen und Fragestellungen, die oftmals keine wirkliche Wahl der Antwort ließen, gaben sie letztendlich alles zu, was die Richter hören wollten. Und die Mehrheit der Menschen fand dieses Vorgehen wohl richtig!

böse Fratze aus Stein in Japan

Wäre das heute in unserer Kultur, die auf solche geschichtlichen Ereignisse zurückblickt, auch noch möglich? Eher nicht. Im Gegenteil! Heute nennen die Menschen diese „verdächtigen“ Kenntnisse Naturheilkunde und betrachten diese Kunst als hilfreich und wichtig. Ich persönlich bin davon übrigens auch „betroffen“. Ich bekomme z.B. ein natürliches Mittel gegen Zecken. Und ich muss sagen, das klappt ganz gut.

Zugegebenermaßen ist das eine etwas freche Feststellung. Aber es geht dabei ja auch nur um die plakative Darstellung einer Tatsache, die heute kaum noch einer Diskussion bedarf. Aber warum eigentlich nicht? Nun, die Antwort liegt nahe. Die Menschen sind heute überzeugt, dass damals falsch gehandelt wurde.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer davon soll beispielsweise die damalige Unwissenheit gewesen sein. Die Menschen wussten viel weniger als heute über gewisse Zusammenhänge und suchten trotzdem Antworten, die sie nicht selten in unterschiedlichsten übernatürlichen Dingen fanden. Außerdem war die Gesellschaft wohl roher im Umgang miteinander als heute. Man konnte sich auch deutlich schlechter austauschen, da es nur sehr beschränkte Kommunikationswege und für die meisten einen eher kleinen Bewegungsradius gab. Man musste also das wenige glauben, was man halt so erfahren hatte und konnte es nicht wirklich prüfen, zumal sowieso nur die wenigsten lesen und schreiben konnten.

Im Leben ist nur selten etwas schwarz oder weiß.

– Dalai Lama

Aha. So war das also wohl gewesen. Und heute? Wie ist es heute? Heute sind die Menschen deutlich aufgeklärter und auch kritischer, sagen sie. Dadurch hat sich der Umgang miteinander im positiven Sinne verändert. Aber wer bitteschön kann mit Gewissheit sagen, dass diese Sichtweise auch wirklich die richtige ist? Ist es richtig, was Menschen heute denken und wie sie handeln? Warum können sie heute behaupten, dass damalige Handeln war falsch? Ich könnte mir vorstellen, dass die Menschen damals ähnlich gedacht haben. Sie waren vermutlich mehrheitlich überzeugt, dass ihre Taten und ihr Denken richtig und gut ist.

Und was werden zukünftige Generationen wohl über uns denken und sagen? Über eben die, die heute ebenso von ihren Ansichten überzeugt sind wie die Menschen, die damals die gesellschaftlichen Werte und Normen und Meinungen geprägt haben. Und wie werden diese Generationen wohl handeln?

Wie auch immer es sei, entscheidend an dieser Stelle ist, dass Menschen heute andere gesellschaftliche Entscheidungen getroffen haben. Sie sind überzeugt, dass damals Zustände geherrscht haben, die aus heutiger Sicht völlig überholt und nicht tragbar sind.

Nebenbei bemerkt finde ich das aus meiner Perspektive übrigens verdammt gut. Katzen wurden in der Vergangenheit von abergläubischen Menschen auch etwas fragwürdige Eigenschaften zugesprochen. Manche Menschen glauben das sogar heute noch! Und deshalb wurden wir je nach Bedarf auch gerne mal auf die eine oder andere Art geopfert. So findet man mumifizierte Katzen verbaut in alten Häusern und sogar in alten Kirchen, damit sie dort vor bösen Geistern schützen! Der Körper der Katze musste dabei unversehrt sein. Deswegen wurden wir dafür vorzugsweise ertränkt. Oder uns wurde das Genick gebrochen. Witzig geht anders! Ich denke, die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen ist vergleichbar mit der des berühmten Hexenhammers und dessen Folgen.

Die Mathematik macht es sich ganz schön einfach

Zurück zur Frage, was richtig oder falsch ist. Ich denke, man sollte sich zunächst mal von der Vorstellung befreien, dass es das Richtig und das Falsch gibt. Denn wenn wir uns jetzt noch einmal die gerade beschriebenen Beispiele in diesem Kontext anschauen, dann merken wir, dass die beiden Wörter etwas ins Wanken geraten. Sie fangen an, sich zu relativieren und von der oftmals typischen zugedachten Dichotomie zu lösen. Das Schwarz-Weiß-Denken findet zwar beispielsweise in Bereichen der Mathematik ihren Platz. So kann man sauber zwischen geraden und ungeraden Zahlen unterscheiden. Aber im täglichen Leben wird es ganz schön schwierig, auf diese strukturierte Weise Dinge einzuordnen. Denn hinter allem steht die Frage nach dem Warum!

Im Grunde haben ja alle Menschen das gleiche Problem. Sie sehen alles aus Ihrer individuellen Sichtweise und bewerten jeden Sachverhalt mit einer subjektiven Mischung aus mehr oder weniger rationalen Maßstäben und einer emotionalen Beweisführung mit unterschiedlichsten Ausprägungen. Und niemand kann sich davon freisprechen, in gewisse Entscheidungen auch die eine oder andere Wunschvorstellung zu integrieren. Schlaue Menschen nennen dieses Phänomen kognitive Verzerrung. Und mit jedem dazugewonnenen Wissen und jeder neuen emotionalen Prägung verschieben sich die Grenzen und Dimensionen des Denkens und damit die Definition von richtig oder falsch. Und keiner kann sagen, wie viele Fakten notwendig sind, um ein endgültiges Urteil fällen zu können.

Wir merken, wie kurzsichtig und eindimensional diese Wörter mit einem Mal werden. Wenn man diesen Gedanken folgt, darf niemand den Anspruch auf die absolute Richtigkeit seines Denkens und Tuns erheben!

Auf den ersten Blick ist das eigentlich ganz schön blöd! Aber Moment mal. Macht nicht gerade genau das den Menschen aus? Ist das nicht diese Individualität und der freie Geist, von der Menschen immer reden? Und ist es nicht gut, wenn so viel wie möglich von eben dieser Individualität für jeden Menschen gewährleistet ist? Auf diese Weise hat der Mensch schließlich unendlich viele Chancen, neue Perspektiven kennenzulernen und seine Meinung zu formen.

Kunterbunt ist das neue Schwarz-Weiß

Ich finde das, so von außen betrachtet, schon ganz schön cool. Eine Katze fragt nämlich nicht, ob das, was sie tut, richtig oder falsch ist. Sie tut es einfach, weil ihr die Natur das so in die Wiege gelegt hat. Ein Mensch aber kann selber entscheiden und bewerten. Und er kann sich austauschen und daran wachsen! Das ist ein Privileg! Quasi eine Errungenschaft der Evolution! Charles Darwin wäre bestimmt stolz auf mich, wenn er das lesen könnte.

lachende Menschen beim bunten Holy Fest in Indien

Jedes Wesen zeichnet sich durch etwas aus. Das eine taucht sehr tief, das andere fliegt sehr hoch, das nächste kann sich irre schnell bewegen. Und ein Mensch? Ein Mensch kann durch seinen freien Willen entscheiden. Ein Mensch kann darüber nachdenken, welche Folgen sein Tun möglicherweise haben kann. Ich als Katze kann das nicht. Die Frage nach dem Gut oder Schlecht ist dabei genau so müßig wie die des Richtig oder Falsch. Nimm es einfach als gegeben hin und mach das Beste daraus.

Denk dabei vielleicht einfach mal in Grauzonen oder sogar in weiteren Farben und verlasse dogmatische Denkweisen. Denn die Welt ist bunt und nicht nur schwarz-weiß. Lass dabei auch mal Gedanken zu, die eigentlich abwegig sind. Hör anderen zu und leg deine eigenen Gedanken und die der anderen übereinander und schau, was passiert. Und vielleicht kann du die Frage nach dem Warum in deine Denkroutine integrieren. Und hey, es ist immer nur ein Gedankenexperiment! Da geht noch nicht viel kaputt. Und was gestern richtig war, muss es heute nicht zwingend immer noch sein. Und was morgen ist, wissen wir alle nicht! Und wenn etwas plötzlich absurd, genial oder wunderbar erscheint, hast du auf jeden Fall für diesen Moment die kurze Sicherheit, eine Erkenntnis erlangt und vielleicht eine Entscheidung getroffen zu haben. Und das ist gut so!

Wenn ich nun auf meine ersten Worte meiner Gedanken zurückblicke, muss ich meine Aussage vielleicht noch einmal überdenken.

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2 Kommentare

  1. Norbert says:

    Miau!
    Sehr gut. Ich musste beim Lesen hin und wieder ein wenig schmunzeln. Und an einigen Stellen auch kurz mal etwas nachdenken. Danke dafür.

    1. Lieber Norbert,
      vielen Dank.
      Es freut mich, wenn Dir meine Gedanken gefallen.
      Vielleicht kannst Du ja einen Teil davon mit in deinen Alltag nehmen.

      Liebe Grüße
      Arafat

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